Was sind Giardien?

Neben den Spulwürmern gehören Giardien zu den am häufigsten vorkommenden Parasiten bei Hund und Katze. Hierbei handelt es sich um winzig kleine, einzellige Parasiten. Giardien (die weltweit am weitesten verbreitete Art ist „Giardia duodenalis“) siedeln sich in der Darmschleimhaut an und führen dort zu Verdauungsstörungen, die sich in schwerem Durchfall (zum Teil auch blutig oder mit Schleimhautbeimengungen), Erbrechen, Gewichtsverlust und Schwäche äußern können. Sowohl Hunde als auch Katzen sind von Giardien-Infektionen betroffen, wobei vor allem Jungtiere unter einem Jahr sowie alte und geschwächte Tiere besonders gefährdet sind. Bei gesunden, erwachsenen Tieren verläuft die Infektion häufig unerkannt. Die Infektion betrifft außerdem nicht nur Hunde und Katzen, auch andere Tiere und Wildtiere können befallen und damit eine Ansteckungsquelle darstellen.

Übertragung auf den Menschen

Die Übertragung auf den Menschen ist zwar ebenfalls möglich, aber nicht alle sogenannten Genotypen überschreiten die Artengrenzen. Laut einer Studie wird der Mensch wird wohl hauptsächlich vom Typ A und B befallen, Hunde vom Typ C und D und Katzen vom Typ F. Eine andere Studie differenziert es noch etwas weiter, schließt die Katze im Typ A ein, schränkt aber ein, dass bei der Gruppe A der Mensch eher vom Typ A2 befallen wird, die Katze hingegen vom Typ A1. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass Ihr Hund oder Ihre Katze von einem Giardientypen befallen ist, der Ihnen als Mensch gar nicht gefährlich werden kann.

Infektion

Die Giardien besiedeln den Dünndarm, vermehren sich dort und bilden Zysten aus, die dann in riesigen Mengen von den befallenen Tieren mit dem Kot ausgeschieden werden. Diese werden dann von anderen Tieren über das Maul aufgenommen. Dabei kann die Ansteckung auch von durch Kot verunreinigte Erde, Wasser oder Futter ausgehen. Auch eine Schmierinfektion durch Kontakt mit infizierten Tieren ist möglich. Für eine Ansteckung reicht die Aufnahme von gerade einmal 10 Zysten aus. Die Zeit zwischen Ansteckung und Ausscheidung beträgt 4-16 Tage und die Zysten können über Wochen und sogar Monate ausgeschieden werden. Die Durchseuchung in Deutschland liegt bei Welpen bei angeblich 70 %, bei erwachsenen Hunden unter guten Haltungsbedingungen liegt sie bei bis zu 10 %.

In feuchter, kühler Umgebung sind Giardien-Zysten durch ihre widerstandsfähige Hülle bis zu 3 Monate infektiös, im Kot circa 1 Woche.

Durch die Anheftung der Parasiten an die Schleimhaut im Dünndarm wird die Schleimhaut mechanisch geschädigt, so dass die Nährstoffaufnahme gestört wird.

Symptome

Eine Infektion mit Giardien kann bei erwachsenen Tieren ohne Symptome verlaufen. Durch die unerkannte Infektion stellen sie ein großes Infektionsrisiko für andere Tiere dar. Bei immungeschwächten Tieren, Welpen und Jungtieren kann sie zu Durchfall führen (chronisch oder immer wiederkehrend) Durchfall führen. Der Durchfall ist typischerweise hell, schleimig, übelriechend oder sogar blutig. Erbrechen (selten) und Gewichtsverlust können ebenfalls vorkommen, da sich der Parasit an die Schleimhaut im Dünndarm anheftet. Die mechanische Schädigung der Schleimhaut führt zu einer Störung der Nährstoffaufnahme, was zu dem Gewichtsverlust trotz ausreichender Futteraufnahme führen kann. Darüber hinaus kann der Hund oder die Katze appetitlos und apathisch sein. Als Langzeitfolge kann es durch die Infektion zu einer chronischen Darmentzündung kommen.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt über eine spezielle Kotuntersuchung. Diese kann entweder über einen Schnelltest in der Praxis oder eine Untersuchung in einem externen Labor erfolgen. Wir beraten Sie gerne über die verschiedenen Möglichkeiten. Sobald das Ergebnis vorliegt, erarbeiten wir mit Ihnen ein entsprechendes Behandlungskonzept. Sollten weitere Tiere in Ihrem Haushalt leben, so ist es sinnvoll, diese ebenfalls zu testen. Denn ein symptomfreier Mitbewohner könnte unwissentlich die (unerkannte) Ansteckungsquelle sein.

Behandlung

Ein Pfeiler der Behandlung des Befalls mit Giardien ist die medikamentöse Therapie. Hierzu sind in Deutschland die Wirkstoffe Febendazol und Metronidazol für Hunde und Katzen zugelassen. Die Wahl des Wirkstoffes, der Dosierung und der Dauer der Behandlung besprechen wir im Einzelfall mit Ihnen.

Der zweite extrem wichtige Pfeiler sind gezielte Hygienemaßnahmen, die entscheidend für den Erfolg der Bekämpfung sind, damit sich Ihr Tier nicht immer wieder neu ansteckt. Hilfreiche Tipps zu den wichtigsten Hygienemaßnahmen bei Giardien hat die ESCAAP in einem pdf zusammengestellt, das sie über diesen Link herunterladen können: Hygienemaßnahmen bei Giardien

Eine Liste mit Desinfektionsmitteln finden Sie auch unter http://www.desinfektion-dvg.de/index.php?id=1789

Hier noch einmal die wichtigsten Hygienemaßnahmen im Überblick:

  • Achten Sie auf Hygiene, insbesondere bei immungeschwächten Personen und Kleinkindern. Waschen Sie sich die Hände nach dem Umgang mit Ihrem Hund bzw. Ihrer Katze.
  • Aufsammeln von Kot und Entsorgung des Kotes im geschlossenen Plastikbeutel über den Hausmüll.
  • Gründliche Reinigung aller Oberflächen, die möglicherweise mit Kot in Berührung gekommen sein könnten (Böden und Wände). Danach die behandelten Flächen gründlich abtrocknen, da Giardien besonders lange in einer feuchten Umgebung überlegen.
  • Futter- und Trinkgefäße täglich mit kochendem Wasser säubern oder bei > 65 °C in der Spülmaschine reinigen.
  • Vermeidung der Verunreinigung von Wasser und Futter durch Fliegen, da diese ebenfalls Überträger sein können.
  • Katzentoiletten täglich mit kochendem Wasser säubern und anschließend gründlich abtrocknen.
  • Decken/Kissen heiß waschen (> 65 °C).
  • Entsorgung nicht waschbarer Textilien über den Hausmüll
  • Spielzeug mit kochendem Wasser oder in der Spülmaschine > 65 °C reinigen.
  • Kratzbäume gründlich absaugen und reinigen.
  • Hunde ggf. auch Katzen gründlich baden und shampoonieren (vorzugsweise mit chlorhexidindigluconathaltigen Produkten), um sie von anhaftenden Kotresten zu säubern, ggf. lange Haare im Analbereich scheren.

Beim Menschen lösen die meisten Giardien, die bei Hunden und Katzen vorkommen, aus den weiter oben genannten Gründen keine Probleme aus. Es kann im Einzelfall zu Infektionen kommen, wobei besonders immungeschwächte und/oder chronisch erkrankte Personen gefährdet sind. Sollte es in einem Haushalt, in dem bei einem Tier Giardien festgestellt wurden, bei einer Person zu Magen-Darm-Problemen kommen, sollte das Tier auch auf andere potenziell zoonotische Erreger getestet und ein Arzt konsultiert werden.

Im Normalfall ist eine Giardieninfektion gut zu behandeln und langwierige, hartnäckige Infektion ist eher die Ausnahme.

Impfung

Mittlerweile gibt es zwar einen Impfstoff gegen Giardien-Infektionen, dieser ist allerdings in Deutschland nicht zugelassen und der Import ist nur mit einer Sondergenehmigung über die internationale Apotheke möglich. Da wir aber der Auffassung sind, dass man so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig impfen sollte, ist eine Impfung gegen Giardien unserer Meinung nach derzeit nicht sinnvoll. Giardien sind lästig aber nicht lebensgefährlich und die meisten Tiere haben mit dieser Erkrankung keinerlei ernsthafte Probleme.

Noch ein Wort zum Schluss:

Diskussionsforen und Facebook-Gruppen verbreiten derzeit eine nahezu an Hysterie grenzende Panik, wenn es um Giardien geht. Einer der Gründe ist sicherlich, dass sich gerade diejenigen, deren Tiere eine eher außergewöhnliche Krankengeschichte haben und von seltenen, extrem hartnäckigen Infektionen betroffen sind, in diesen Foren tummeln und nicht diejenigen Besitzer, bei deren Tier ein einzelner Behandlungsdurchgang bereits den gewünschten Therapieerfolg hatte.

Natürlich sollte eine entsprechende Behandlung mit den begleitenden Hygienemaßnahmen gewissenhaft durchgeführt werden, aber Giardien sind in der Regel keine lebensbedrohliche Erkrankung. Giardien (die übrigens keine neumodische Erkrankung sind, sondern unsere Welt seit Urzeiten bevölkern aber heutzutage leichter zu finden sind) sind lästig, sehr lästig aber für im Grundsatz gesunde Tiere nicht tödlich. Todesfälle im Zusammenhang mit Giardien sind eher auf Grund- oder Begleiterkrankungen zurückzuführen und nicht auf den Befall mit Giardien. Für geschwächte, kranke Tiere aus schlechter Haltung kann nahezu jeder noch so harmlose Infekt tödlich sein. Das liegt aber nicht an dem Infekt selber, sondern an den Begleitumständen, was in diesen Foren oft gerne übersehen wird. Auch Todesfälle bei an Giardien erkrankten Menschen sind extrem selten und kommen regelmäßig nur dann vor, wenn neben weiteren Faktoren wie Unterernährung und anderen Erkrankungen eine medizinische Versorgung mit den einfachsten Mitteln schlichtweg nicht existent ist.

Verzweifeln Sie also nicht, wenn Sie die Diagnose „Giardien“ bekommen und lassen Sie sich von den Horrorgeschichten im Internet nicht verunsichern. Ein vernünftiges Behandlungskonzept bringt im Normalfall nach 1 bis 3 Behandlungsanläufen immer den gewünschten Erfolg.